Ruprecht-Karls-Universitδt Heidelberg
 

Lösung Klausur 2

A. Ansprüche des A gegen H

I. Anspruch des A gegen H auf Ersatz der Kosten für das neue Parkett i.H.v. 10.000 Euro

1. Bestimmung des verletzten Interesses und der zu prüfenden Anspruchsgrundlage
Im Verhältnis zwischen A und H berühren die Kosten für den neuen Parkettboden eindeutig das Äquivalenz-Interesse des A. Da A statt des vereinbarten Parketts aus kanadischem Ahorn von H lediglich ungeeignetes Parkett aus chinesischem Ahorn erhält, ist er gezwungen, 10.000 Euro für eine Neulieferung von Parkettboden aufzuwenden. Diese 10.000 Euro soll der H jetzt ersetzen. Insoweit würde der Schadensersatzanspruch funktional an die Stelle der ursprünglichen Leistung treten. Es geht also um Schadensersatz statt der Leistung im Sinne des § 280 Abs. 3. A könnte folglich berechtigt sein, von H den Ersatz der Kosten für den neuen Parkettboden in Höhe von 10.000 Euro gemäss den §§ 437 Nr. 3, 280 Abs. 1, 3, 281 zu verlangen.

2. Anspruch entstanden
2.1 Wirksamer Kaufvertrag
A und H haben einen Kaufvertrag über die Lieferung von kanadischem Ahorn zum Preis von 10.000 Euro geschlossen. Der Sachverhalt gibt keinen Anlass an der Wirksamkeit dieses Vertrages zu zweifeln.

2.2 Mangelhafte Lieferung als Pflichtverletzung §§ 434, 437 Nr. 3, 280 Abs. 1
Der Schadensersatzanspruchs des Käufers nach den §§ 280 ff. setzt voraus, dass der Verkäufer eine vertragliche Pflicht verletzt hat (§ 280 Abs. 1). Im vorliegenden Fall könnte die Pflichtverletzung des H in einer mangelhaften Lieferung bestehen. Zu prüfen ist daher, ob die Kaufsache einen Mangel im Sinne des § 434 aufweist. Nach den Angaben des Sachverhalts deutet allerdings nichts darauf hin, dass das Parkett aus chinesischem Ahorn einen Sachmangel i.S.v. § 434 Abs. 1 aufgewiesen hat. H hat lediglich anstatt des vereinbarten kanadischen Ahorns chinesischen Ahorn, also eine andere als die geschuldete Sache, geliefert. Jedoch wird von § 434 Abs. 3 1. Alt. die Lieferung eines aluids dem Sachmangel gleichgestellt. Die Lieferung des Parketts aus chinesischem Ahorn wird vom Gesetz mithin als mangelhafte Leistung i.S.d. §§ 434, 437 und folglich auch als Pflichtverletzung i.S.v. § 280 Abs. 1 angesehen.

2.3 Vertretenmüssen
Ein Ersatzanspruch des A nach den §§ 280, 281 setzt ferner voraus, dass H die Lieferung des falschen Parketts zu vertreten hat (§ 280 Abs. 1 Satz 2). Für ein eigenes Verschulden des H gemäss § 276 ergeben sich aus dem Sachverhalt keine unmittelbaren Anhaltspunkte. Dem H könnte jedoch das Verhalten seiner Angestellten in der Versandabteilung nach § 278 zuzurechnen sein: Die Angestellten waren bei der Aussonderung und Versendung des Holzes mit Wissen und Wollen des H im Rahmen der Erfüllung einer diesem obliegenden Verbindlichkeit als Hilfspersonen tätig. Sie sind damit Erfüllungshilfen des H (§ 278). Die Verwechselung der Holzart erfolgte aufgrund eines Versehens in der Versandabteilung. Die Angestellten handelten also nicht mit der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt und damit fahrlässig im Sinne des § 276. Dem H wird es daher nicht gelingen, das nach § 280 Abs. 1 Satz 2 zu seinen Lasten vermutete Vertretenmüssen zu widerlegen.

2.4 Nachfristsetzung
A begehrt von H Schadensersatz statt der Leistung. Gemäss § 280 Abs. 3 müssen deshalb nicht nur die Voraussetzungen des § 280 Abs. 1 erfüllt sein, sondern darüber hinaus die des § 281. Leistet der Verkäufer mangelhaft, so ist der Käufer nach § 281 Abs. 1 verpflichtet, dem Verkäufer eine Frist zur Nacherfüllung zu setzen, mithin eine zweite Chance einzuräumen. A hat H zwar auf die Mangelhaftigkeit des Parkettbodens hingewiesen (womit der Nacherfüllungsanspruch nach § 439 Abs. 1 fällig geworden ist); eine angemessene Nachfrist hat A dem H aber nicht gesetzt.

2.5 Entbehrlichkeit der Nachfristsetzung
Ausnahmsweise kann jedoch die Nachfristsetzung durch den Käufer entbehrlich sein. Die in Frage kommenden Fallgruppen sind insb. den §§ 281 Abs. 2, 440 zu entnehmen.

a) Erfüllungsverweigerung gem. § 281 Abs. 2

Denkbar ist, dass A dem H keine Nachfrist mehr setzen muss, weil dieser eine ernsthafte und endgültige Verweigerung der Nacherfüllung erklärt hat (§ 281 Abs. 2 1. Alt.). An die Bejahung einer endgültigen Erfüllungsverweigerung sind allerdings strenge Anforderungen zu stellen. Die Weigerung des Schuldners muss als sein letztes Wort aufzufassen sein (vgl. Palandt/Heinrichs, 61. Aufl. Ergänzungsband, § 281 Rdn. 14 mwN). Es erscheint sehr zweifelhaft, ob im vorliegenden Fall diese Voraussetzungen erfüllt sind. Immerhin bietet H dem A die teilweise Erstattung des Kaufpreises an. Damit signalisiert er eine gewisse Verhandlungsbereitschaft an, so dass nicht von einer endgültigen Erfüllungsverweigerung im beschriebenen Sinne ausgegangen werden kann.

b) Verweigerung der Nacherfüllung gem. § 440 S. 1 1. Alt.

Die Erklärung des H, der A könne vom ihm schon deshalb nicht die Lieferung eines neuen Parketts verlangen, weil dies für ihn (H) immens teuer werde würde, könnte als Verweigerung der Nacherfüllung gemäss § 440 Satz 1 1. Alt. aufgefasst werden. Nach dem Wortlaut setzt diese Vorschrift allerdings voraus, dass der Schuldner beide Arten der Nacherfüllung auf der Grundlage von § 439 Abs. 3 wegen unverhältnismäßiger Kosten verweigert. H beruft sich jedoch nur darauf, dass eine Nachlieferung aus seiner Sicht mit unzumutbaren Kosten verbunden sei. Hinsichtlich einer Nachbesserung gibt er keine Erklärung ab.

Letzteres beruht aber offensichtlich allein darauf, dass eine Nachbesserung aufgrund der Natur des Mangels ausgeschlossen ist: Es ist nicht möglich, das Parkett aus chinesischem Ahorn so nachzubessern, dass daraus Parkett aus kanadischem Ahorn wird. Es erscheint naheliegend, diese Konstellation und die in § 440 Satz 1 1. Alt. ausdrücklich erwähnte gleich zu behandeln. Generell wird nämlich der Einwand, die Leistung sei gemäss § 275 Abs. 1 unmöglich oder nach § 275 Abs. 2 bzw. 3 unzumutbar, an erheblich höhere Anforderungen geknüpft als die Unverhältnismäßigkeitseinrede des § 439 Abs. 3. Wenn die Fristsetzung bereits dann entbehrlich ist, wenn beide Arten der Nacherfüllung mit unverhältnismäßigen Kosten verbunden sind und der Schuldner sich gemäss § 439 Abs. 3 hierauf beruft, so muss dies erst recht gelten, wenn § 439 Abs. 3 nur bezüglich einer Nacherfüllungsvariante einschlägig ist und der Gläubiger hinsichtlich der anderen Variante unter Verweis auf § 275 einen Ausschluss der Nacherfüllungspflicht geltend macht.

Hält man es für fraglich, ob dem H die Einrede des § 439 Abs. 3 tatsächlich zusteht, so ergibt sich ferner das Problem, dass der Wortlaut des § 440 keine eindeutige Antwort auf die Frage enthält, ob der Schuldner zur Leistungsverweigerung gem. § 439 Abs. 3 (bzw. § 275) berechtigt sein muss, oder ob es ausreicht, dass er sich - sei es auch unberechtigterweise - auf eine Leistungserschwerung beruft. Gegen die letztere Auffassung ließe sich vorbringen, dass durch eine derart weite Auslegung des § 440 S. 1 1. Alt. die strengen Anforderungen, welche die Rechtsprechung in bezug auf Erfüllungsverweigerung i.S.v. § 281 Abs. 2 aufgestellt hat, im Bereich der Mängelgewährleistung unterlaufen werden könnten. Dem ist aber entgegenzuhalten, dass ein Käufer oft nicht einschätzen kann, ob ein Verkäufer die Einrede aus § 439 Abs. 3 nur vorschiebt oder nicht. Zudem leuchtet nicht ein, warum derjenige, der unberechtigt die Nacherfüllung verweigert, besser gestellt werden soll, als ein Verkäufer, der hierzu berechtigt ist. Schließlich ist bei der Auslegung das gesamte System der Nachfristsetzung und dessen Sinn und Zweck in den Blick zu nehmen: Mittels des Fristsetzungserfordernis soll dem Verkäufer eine zweite Chance eingeräumt werden, den Mangel doch noch selbst zu beseitigen. Verweigert er jedoch die Nacherfüllung - ob berechtigt oder unberechtigt - begibt er sich dieser Chance und erscheint nicht mehr schutzwürdig.

Da H die Lieferung eines neuen Parketts unter Hinweis auf unzumutbare Kosten abgelehnt hat, brauchte A gemäss § 440 S. 1 1. Alt. dem H keine Frist mehr zur Nacherfüllung zu setzen.

2.6 Zwischenergebnis
Ein Anspruch des A gegen H auf Ersatz der Kosten für ein neues Parkett in Höhe von 10.000 Euro gemäss §§ 437 Nr. 3, 280, 281 ist zunächst entstanden.

3. Anspruch weggefallen bzw. einredebehaftet
3.1 Zurückbehaltungsrecht gem. §§ 281 Abs. 5, 348, 320, 346 Abs. 1
A macht einen Schadensersatz statt der ganzen Leistung geltend. Nach § 281 Abs. 5 i.V.m. den §§ 346 bis 348 ist H deshalb berechtigt, seine bereits erbrachte Leistung (also das Parkett aus chinesischem Ahorn) zurückzuverlangen. H könnte daher eventuell dem Ersatzanspruch des A ein Zurückbehaltungsrecht nach §§ 348 i.V.m. 320 entgegenhalten. Voraussetzung ist allerdings, dass ihm tatsächlich ein Anspruch aus § 346 f. gegenüber A zusteht.

a) Anspruch H gegen A gemäss § 346 Abs. 1 auf Herausgabe des alten Parketts

Nach § 281 Abs. 5 i.V.m. § 346 Abs. 1 hat H zunächst einen Anspruch auf Herausgabe des Parkettbodens in natura. Da A dem H lediglich ein nahezu wertloses Parkett zurückgewähren kann, könnte er auch mit seinem Schadensersatzanspruch weitgehend oder gar vollständig ausfallen. Schon die Regelung des § 346 Abs. 2 macht aber deutlich, dass nach neuem Recht der Rücktritt (und folglich auch nicht die Geltendmachung von Schadensersatz statt der ganzen Leistung) von der Möglichkeit abhängig ist, die Gegenleistung in natura zurückzugewähren. An die Stelle des Rückgewähranspruchs tritt unter bestimmten Umständen ein Anspruch auf Wertersatz nach § 346 Abs. 2.

b) Anspruch H gegen A auf Wertersatz (§ 346 Abs. 2)

Im vorliegenden Fall kommt § 346 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 zur Anwendung, weil A das von H gelieferte Parkett verarbeitet (konkret: eingebaut und versiegelt) hat. Da für die Berechnung des Wertersatzes grundsätzlich von der vertraglich bestimmten Gegenleistung auszugehen ist (§ 346 Abs. 2 Satz 2) könnte H womöglich dem Schadensersatzanspruch des A dauerhaft seinen Wertersatzanspruch aus § 346 Abs. 2 entgegenhalten. Allerdings ist eventuell die Wertersatzpflicht des A nach § 346 Abs. 3 ausnahmsweise entfallen.

c) Entfallen der Wertersatzpflicht (§ 346 Abs. 3)

Als Ausschlussgrund für die Wertersatzpflicht des A kommt insbesondere § 346 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 in Frage: Hiernach ist der Anspruch auf Wertersatz ausgeschlossen, wenn sich der zum Rücktritt berechtigende Mangel erst während der Verarbeitung des Gegenstandes zeigt. Gleiches soll gelten, wenn der Mangel erst nach der Verarbeitung entdeckt worden ist (vgl. nur Anwaltskomm-Schuldrecht/Hager, § 346 Rdn. 43). Der Schadensersatzanspruch des A, auf den es ja wegen der analogen Anwendung der Vorschrift ankommt, beruht gerade auf einem Mangel des Parketts, nämlich der Lieferung der falschen Holzsorte. Dieser Mangel zeigte sich erst, nachdem die Sache bereit eingebaut worden war, nämlich aufgrund des Gutachtens des Sachverständigen. Folglich ist der Anspruch des H auf Wertersatz gemäss § 346 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 ausgeschlossen. Allerdings hat A die verbleibende Bereicherung, also das nahezu wertloses Parkettholz herauszugeben (§ 346 Abs. 3 Satz 2). Hierzu dürfte A aber auch ohne weiteres bereit sein.

3.2 Zwischenergebnis

H kann dem Anspruch des A kein Zurückbehaltungsrecht gemäss §§ 281 Abs. 5, 348, 320, 346 entgegenhalten.

4. Ergebnis
A kann von H Schadensersatz in Höhe von 10.000 Euro gemäss §§ 437 Nr. 3, 434 Abs. 3, 280 Abs. 1, 3, 281 Abs. 1 verlangen.

II. Anspruch des A gegen den H auf Ersatz der Kosten für die Neuvornahme der Verlegearbeiten in Höhe von 4.000 Euro

1. Bestimmung des verletzten Interesses und der zu prüfenden Anspruchsgrundlage
Im Verhältnis zwischen A und H stellen die Kosten für die Neuverlegung des Parketts gewiss keinen Verspätungsschaden dar. Fraglich ist jedoch, ob insoweit das Äquivalenz-Interesse oder das Integritäts-Interesse des A betroffen ist, ob es also um "Schadensersatz statt der Leistung" (§§ 280, 281) oder um sog. "einfachen" Schadensersatz (§ 280 Abs. 1) geht.

Nach der zwischen A und H abgeschlossenen vertraglichen Vereinbarung schuldet der H nur die Lieferung des Parketts, nicht aber auch dessen Einbau. Folglich ist H auch nicht zur Neuverlegung des Parketts verpflichtet gewesen. Damit handelt es sich bei den 4.000 Euro für die Arbeitsleistung des D nicht um einen Schadensersatz statt der Leistung, denn der Ersatzbetrag von 4.000 Euro würde nicht funktional an die Stelle einer ursprünglich geschuldeten Leistung treten. Betroffen ist also nicht das Äquivalenz- sondern das Integritäts-Interesse des A. Dem A ist nämlich durch die Lieferung des falschen Parketts ein Vermögensschaden entstanden, weil er (zusätzliche) 4.000 Euro für eine Neuverlegung des Parketts ausgeben musste.

Ein Anspruch des A gegen den H auf Ersatz der Verlegekosten könnte sich deshalb bereits unmittelbar aus § 280 Abs. 1 ergeben; auf die Erfüllung der Voraussetzungen der §§ 281 – 283 oder 286 käme es insoweit dann nicht mehr an. H müsste lediglich eine vertragliche Pflicht schuldhaft verletzt haben und hierdurch den Parkettschaden verursacht haben.

2. Wirksamer Kaufvertrag
Es besteht kein Anlass an der Wirksamkeit des zwischen A und H abgeschlossenen Kaufvertrags zu zweifeln (vgl. unter I.2.1).

3. Pflichtverletzung
Mit der Auslieferung des Parketts aus chinesischem Ahorn hat der H gemäss § 434 Abs. 1 und 3 mangelhaft geleistet und somit seine vertraglichen Verpflichtungen verletzt (vgl. unter I.2.2).

4. Vertretenmüssen
H hat den Verstoß gegen seine Verpflichtung zur mangelfreien Lieferung auch zu vertreten (vgl. unter I.2.3).

5. Kausalität
Der von A geltend gemachte Schaden ist von der Pflichtverletzung des H verursacht worden, denn wenn H das bestellte Parkett aus kanadischem Ahorn geliefert hätte, dann wären die Aufwendungen für eine Neuverlegung des Parketts nicht entstanden.

6. Mitverschulden des A ?
Auf den ersten Blick liegt wohl der Gedanke nicht fern, A habe den entstandenen Schaden mitverschuldet: Vorgebracht werden könnte, die Kosten für eine Neuverlegung des Parketts seien nur entstanden, weil A bzw. der von ihm mit dem Einbau des Parketts beauftragte P das von H gelieferte Holz nicht überprüft haben. Hiergegen spricht jedoch schon, dass dem A das nötige Fachwissen für eine solche Prüfung fehlt. Außerdem hat sich der Gesetzgeber ganz bewusst gegen die Einführung einer Untersuchungs- und Rügepflicht des Käufers beim Verbrauchsgüterkauf (§ 474 Abs. 1: H ist Unternehmer - § 14 Abs. 1; A ist Verbraucher - § 13; und das noch nicht eingebaute Parkett eine bewegliche Sache). Dem Verhalten des P wiederum würde im Verhältnis zwischen A und H nur dann Relevanz zukommen, wenn A das Verhalten des P auf der Grundlage des § 278 zugerechnet werden könnte; P müsste H gegenüber als Erfüllungsgehilfe des A tätig geworden sein. Eine derartige Konstruktion ist jedoch abzulehnen.

7. Ergebnis:
A kann von H Schadensersatz in Höhe von 4.000 Euro gem. § 437 Nr. 3, 434 Abs. 3, 280 Abs. 1 verlangen.

B. Ansprüche des A gegen den P

I. Anspruch des A gegen P auf Ersatz der Kosten für das neue Parkett i.H.v. 10.000 Euro

1. Bestimmung des verletzten Interesses und der zu prüfenden Anspruchsgrundlage

In der Relation zwischen A und P berühren die Kosten für das neue Parkett weder das Äquivalenz-Interesse des A (zwischen P und A ist lediglich die Verlegung von Parkettboden und nicht auch dessen Lieferung vereinbart worden), noch stellen diese 10.000 Euro einen Verspätungsschaden dar. Statt dessen betreffen diese Kosten im Verhältnis zwischen A und P das Integritäts-Interesse des A.

Ein Anspruch des A gegen den P auf Ersatz der Kosten für das neue Parkett in Höhe von 10.000 Euro könnte sich daher bereits aus § 280 Abs. 1 ergeben; auf die (zusätzliche) Erfüllung der in den §§ 281 – 283, 286 normierten Voraussetzungen käme es daher insoweit nicht mehr an. Um dem A gemäss § 280 Abs. 1 ersatzpflichtig zu sein, müsste P also lediglich eine vertragliche Pflicht schuldhaft verletzt und hierdurch den Parkettschaden verursacht haben.

2. Wirksamer Vertrag
P ist von A mit der Verlegung eines Holzparketts beauftragt worden. Der Sachverhalt gibt keinen Anlass, an der Wirksamkeit des zwischen A und P abgeschlossen Werkvertrages (§ 631) zu zweifeln.

3. Pflichtverletzung
Die Kosten für das neue Parkett sind dem A entstanden, weil in seine Bibliothek ein ungeeigneter (zu weicher) Parkettboden eingebaut worden ist. A ist deshalb gezwungen, noch einmal neues Parkett "nachzukaufen". Diese zusätzlichen Kosten wären dem A gar nicht entstanden, wenn die Fehllieferung bereits vor dem Einbau bemerkt worden wäre. Da A die nötigen Fachkenntnisse zur Unterscheidung von kanadischen und chinesischen Ahornholz fehlen, ist er darauf angewiesen von dem P (oder dessen Mitarbeitern) auf die falsche Holzlieferung aufmerksam gemacht zu werden. P unterlässt es allerdings, das von H gelieferte Parkett persönlich auf seine Brauchbarkeit hin zu untersuchen. Auch ordnet er eine solche Untersuchung weder ausdrücklich an, noch weist er V und Z so in das Bauvorhaben ein, dass diese veranlasst sind, das Parkett zu untersuchen und den A auf die Falschlieferung aufmerksam zu machen. P könnte deshalb die eine ihm obliegende Pflicht zur Untersuchung des angelieferten Parketts und zur Aufklärung des A verletzt haben.

Tatsächlich ist P als Werkunternehmer zu einer Untersuchung des Parketts verpflichtet gewesen, denn der Besteller darf erwarten, dass der Unternehmer "mitdenkt", d.h. seinen besonderen Sachverstand auch wirklich einsetzt, um den angestrebten Leistungserfolg zu erreichen. Allerdings hat im konkreten Fall A selbst und nicht der P das Parkett von H bezogen. Hierauf kommt es jedoch nicht an, da Gegenstand der Prüfungspflicht des Unternehmers auch die vom Besteller gestellten Materialien sind (vgl. BGH NJW 2000, 280). Insoweit ist zudem zu berücksichtigen, dass die Prüfung des Holzes auf dessen Geeignetheit für das konkrete Werk für den P (bzw. dessen Mitarbeitern) nicht mit größeren Aufwendungen verbunden gewesen wäre (zur Prüfungs- und Aufklärungspflicht des Werkunternehmers siehe nur Staudinger/F.Peters, Komm. z. BGB, 12. Aufl. 2000, § 631 Rdn. 49 ff., § 633 Rdn. 108 ff.).

4. Vertretenmüssen
P hat die Verletzung seiner vertraglichen Untersuchungs- und Aufklärungspflicht auch zu vertreten. Ihm war der angestrebte spezielle Leistungserfolg (Einbau und Versiegelung von Parkettboden, der zur Aufstellung schwerer Bibliotheksregale geeignet ist) bekannt; ja er hatte bei den Vorgesprächen den A sogar darauf aufmerksam gemacht, dass unbedingt besonders hartes Parkettholz benötigt werden würde. Mit diesem vorherigen Hinweis allein hat der P keinesfalls seine Sorgfaltsanforderungen erfüllt (hierzu auch BGH NJW 2000, 280, 281). Im Gegenteil: Unter diesen Umständen hatte P sogar eine gesteigerte Veranlassung zur Prüfung des angelieferten Parketts, da er davon ausgehen musste, dass der A zur Vornahme einer solchen Untersuchung nicht in der Lage sein würde. Zwar ist P nicht unbedingt zur höchstpersönlichen Untersuchung des Parketts verpflichtet gewesen. Als er sich aber dafür entschied, die Verlegearbeiten von seinen Mitarbeitern V und Z durchführen zu lassen, hätte er diese so in das konkrete Projekt einweisen müssen, dass V und Z zur gebotenen Überprüfung der Geeignetheit des von A gestellten Parketts in der Lage gewesen wären. Dem Sachverhalt lassen sich folglich keine Hinweise darauf entnehmen, P könnte der Nachweis des Nichtvertretenmüssens (§ 280 Abs. 1 Satz 2) gelingen.

5. Kausalität
Dass der entstandene Schaden in Höhe von 10.000 Euro auf die Verletzung der P obliegenden Untersuchungs- und Aufklärungspflicht zurückzuführen ist, ist bereits dargelegt worden (vgl. unter 2.).

II. Anspruch des A gegen P auf Ersatz der Kosten für die Neuvornahme der Verlegearbeiten in Höhe von 4.000 Euro

1. Bestimmung des verletzten Interesses und der zu prüfenden Anspruchsgrundlage
Soweit der A von P den Ersatz der Kosten für die Neuverlegung des Parketts verlangt, begehrt er Schadensersatz statt der Leistung (mithin den Ersatz seines Äquivalenz-Interesses): P hatte sich zur Parkettverlegung verpflichtet; doch ist die Erstverlegung des Parketts ungeeignet gewesen, das vertraglich vereinbarte Leistungsinteresse des A zu befriedigen. Gemäss § 280 Abs. 3 kann der Gläubiger Schadensersatz statt der Leistung nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen. Zwar erscheint die Anwendung des § 282 nicht von vornherein ausgeschlossen. Da diese Norm aber einen spezielleren Fall regelt (Verletzung einer Schutzpflicht i.S.v. § 241 Abs. 2), ist zunächst zu prüfen, ob A gemäss §§ 634 Nr. 4, 280, 281 berechtigt ist, von P den Ersatz der Kosten für die Neuverlegearbeiten in Höhe von 4.000 Euro zu verlangen.

2. Wirksamer Vertrag
Vgl. unter I.2.

3. Pflichtverletzung
Die Anwendung des § 281 setzt an sich voraus, dass der Schuldner seine vertragliche Hauptleistungspflicht verletzt hat (demgegenüber knüpft die Regelung des § 282 an die Verletzung einer nicht leistungsbezogenen Nebenpflicht – Schutzpflicht – an). P hat im vorliegenden Fall gegen die ihm obliegende Untersuchungs- und Anzeigepflicht verstoßen (vgl. unter I.3). Im rechtswissenschaftlichen Schrifttum ist umstritten, wie die Untersuchungs- und Anzeigepflicht des Werkunternehmers rechtssystematisch einzuordnen ist. Während Teile des Schrifttums von einer leistungsbezogenen Nebenpflicht ausgehen, wollen andere Autoren die erforderliche Prüfung dem Bereich der vertraglichen Hauptpflicht zuordnen (vgl. Staudinger/F.Peters, § 633 Rdn. 110). Vorzuziehen ist die Qualifikation als leistungsbezogene Nebenpflicht, weil man auf diesem Wege zu einer in sich stimmigeren Gesamtlösung gelangt (siehe hierzu auch unter III.).

Da der Gesetzgeber für die Schadensersatzansprüche wegen der Verletzung einer leistungsbezogenen Nebenpflicht keine ausdrückliche Regelung getroffen hat, könnte nun zum einen erwogen werden, diesen Fall den Vorschriften des § 281 zu unterstellen, also die Verletzung einer derartigen Nebenpflicht, wie die Verletzung der Hauptleistungspflicht zu behandeln. Zum anderen erscheint es zunächst prinzipiell denkbar, auf den Verstoß gegen eine leistungsbezogenen Nebenpflicht die entsprechenden Bestimmungen für die Verletzung einer nicht leistungsbezogenen Nebenpflicht (also § 282) analog zur Anwendung zu bringen.

Die erste Lösungsmöglichkeit (§ 281) erscheint schon deshalb vorzugswürdig, weil die Verletzung einer leistungsbezogenen Nebenpflicht (für den Schadensersatz statt der Leistung) nur insoweit beachtlich ist, wie auf diese Weise die Mangelhaftigkeit der Hauptleistung hervorgerufen wird (dazu sogleich unter II.4). Der Regelung des § 281 Abs. 1 liegt der Gedanke zugrunde, bei Mangelhaftigkeit der Leistung habe der Gläubiger dem Schuldner grundsätzlich noch die Möglichkeit einer Nacherfüllung, mithin eine "zweite Chance" einzuräumen; es erscheint nur konsequent dem Schuldner das Recht auf eine zweite Andienung auch in jenen Fällen zu gewähren, in denen die mangelhafte Leistung letztlich durch die Verletzung einer leistungsbezogenen Nebenpflicht hervorgerufen worden ist. Für diese Lösung und gegen die alternativ zu erwägende analoge Anwendung von § 282 spricht ferner, dass der Schuldrechtsmodernisierungsgesetzgeber in der Gesetzesbegründung gleich mehrfach zum Ausdruck gebracht hat, § 282 solle nur bei einer Verletzung von nicht leistungsbezogenen Nebenpflichten eingreifen soll (BT-Drs. 14/6040, S. 135, 138, 141).

4. Vertretenmüssen
Schadensersatzansprüche wegen der Verletzung einer leistungsbezogenen Nebenpflicht können nur geltend gemacht werden, wenn der Schuldner diese Pflichtverletzung zu vertreten hat. P hat im vorliegenden Fall die Verletzung seiner Untersuchungs- und Anzeigepflicht zu vertreten (vgl. unter I.4).

5. Nebenpflichtverletzung muss zur Mangelhaftigkeit des (ges.) Werkes geführt haben
Ein Ersatz des Äquivalenz-Interesses gemäss §§ 280, 281 wegen der Verletzung einer leistungsbezogenen Nebenpflicht kommt prinzipiell nur dann in Frage, wenn diese Pflichtverletzung die Mangelhaftigkeit des (gesamten) Werkes verursacht hat.

Anmerkung: Hätte H also das richtige Holz geliefert und wäre deshalb die unterlassene Untersuchung des Parketts ohne Folgen geblieben, dann stünde A gegen den P kein Anspruch aus § 281 auf Schadensersatz statt der Leistung zu und zwar weder in Hinblick auf die gesamte Leistung noch in bezug auf "die Leistung der Nebenpflicht". Dass die Verletzung einer leistungsbezogenen Nebenpflicht, die weder das Integritätsinteresse des Bestellers berührt (insoweit greift schon § 280 Abs. 1 unmittelbar), noch die Mangelhaftigkeit des Werkes herbeiführt, prinzipiell ohne Folgen bleibt, bestätigt indirekt auch die Regelung des § 434 Abs. 2 Satz 2 BGB: Nach dieser Vorschrift stellt die Lieferung einer fehlerhaften Montageanleitung einen Sachmangel dar; ohne diese ausdrückliche gesetzliche Regelung wäre hier gewiss von der Verletzung einer leistungsbezogenen Nebenpflicht auszugehen. Einschränkend bestimmt das Gesetz jedoch, dass kein – die Mängelhaftung des Verkäufers auslösender – Sachmangel vorliegt, wenn die Sache trotz der fehlerhaften Montageanleitung ordnungsgemäß montiert worden ist.

Im vorliegenden Fall hat die Nichterfüllung der Untersuchungspflicht durch P zur Mangelhaftigkeit des Werkes geführt. Gemäss § 633 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 ist ein Werk nämlich mangelhaft, wenn es sich nicht für die nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung eignet. Das von P zu verlegende Parkett sollte zur Aufstellung schwerer Bücherregale geeignet sein. Tatsächlich ist jedoch ein Parkett verlegt worden, dass für diesen besonderen Verwendungszweck ungeeignet ist und dies gerade deshalb, weil es P pflichtwidrig unterlassen hat, das angelieferte Holz auf seine Eignung hin zu untersuchen.

6. Nachfristsetzung
Gemäss § 281 Abs. 1 kann der Gläubiger Schadensersatz statt der Leistung nur dann verlangen, wenn er dem Schuldner zuvor erfolglos eine angemessene Frist zur Nacherfüllung bestimmt hat. Bringt man diese Regelung auf den Fall der Verletzung einer leistungsbezogenen Nebenpflichtverletzung sinngemäß zur Anwendung, so muss sich die Fristsetzung nicht auf die nachträgliche Erfüllung der Nebenpflicht, sondern auf die Beseitigung der Mangelhaftigkeit des Werkes insgesamt beziehen. Aus dem Sachverhalt geht allerdings nicht hervor, dass A dem P bislang überhaupt irgendeine eine Nachfrist gesetzt hat.

7. Entbehrlichkeit der Nachfristsetzung
Nach den §§ 281 Abs. 2, 636 bedarf es bei einem mangelhaften Werk in bestimmten Fällen nicht der an sich gebotenen Nachfristsetzung. Im vorliegenden Fall kommt insb. eine Anwendung des § 281 Abs. 2 1. Alt. in Betracht: P lehnt jede Verantwortlichkeit für das mangelhafte Parkett kategorisch ab und will erst dann tätig werden, wenn A einen neuen Auftrag (mit gesonderter Vergütung) erteilt. P verweigert die Nacherfüllung mithin ernsthaft und endgültig (§ 281 Abs. 2 1. Alt.), so dass eine Nachfristsetzung durch A eine überflüssige Formalie darstellen würde.

8. Ergebnis
A hat gegen P einen Anspruch aus §§ 634 Nr. 4, 280, 281 auf den Ersatz der Kosten für die Neuverlegung des Parketts in Höhe von 4.000 Euro.

III. Anspruch des A gegen P auf Ersatz der Selbstvornahmekosten aus §§ 634 Nr. 2, 637 ?

Auf den ersten Blick liegt es scheinbar sehr nahe, die Kosten für die Beauftragung des D in Höhe von 4.000 Euro als Selbstvornahme-Aufwendungen i.S.v. § 637 zu werten und dem A daher einen Ersatzanspruch aus § 637 Abs. 1 zuzusprechen.

Allerdings ist zu beachten, dass dem P nach der hier vertretenen Ansicht lediglich die Verletzung einer leistungsbezogenen Nebenpflicht und nicht etwa der Verstoß gegen die vertragliche Hauptleistungspflicht vorgeworfen wird (die Verlegearbeiten als solche sind offenbar korrekt ausgeführt worden). A sind die Kosten in Höhe von 4.000 Euro jedoch nicht entstanden, weil er die von P unterlassene Untersuchung des Parketts von D hat ausführen lassen (insoweit griffe § 637 eventuell noch); statt dessen beziehen sich diese Aufwendungen auf die vertragliche Hauptleistungspflicht des P. Sehr fraglich ist aber, ob dem Besteller auch insoweit ein – vom Verschulden des Unternehmers unabhängiges – Selbstvornahmerecht nach § 637 zusteht, obwohl der Unternehmer lediglich eine leistungsbezogene Nebenpflicht verletzt hat.

Anders könnte zu entscheiden sein, wenn – abweichend vom hier vertretenen Standpunkt – die Untersuchungs- und Anzeigepflicht des Werkunternehmers unmittelbar der vertraglichen Hauptleistungspflicht zugeordnet wird. Zu beachten ist jedoch, dass jene Autoren des rechtswissenschaftlichen Schrifttums, die diesen Weg unter der Geltung des alten Schuldrecht gegangen sind, sämtliche Gewährleistungsrechte des Bestellers (also auch dessen Selbstvornahmerecht) insoweit von einem Verschulden des Unternehmers abhängig gemacht haben (vgl. hierzu Staudinger/F.Peters, § 633 Rdn. 110). (In gewisser Weise differenziert diese Ansicht also nicht – wie hier vorgeschlagen – bereits auf der Tatbestands-Ebene, sondern erst bei den Rechtsfolgen.) Eine entsprechende Anspruchsprüfung würde mithin mit der unter II. dargestellten weitgehend übereinstimmen.

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