Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg
 

Lösung Übungsfall 1

I. Anwendbares Recht
Der Kaufvertrag zwischen A und S ist Mitte Januar 2002 abgeschlossen worden. Gemäß Art. 9 des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts vom 26.11.2001 (BGBl. I, 3138) sind die von diesem Gesetz veranlassten Ände­rungen des BGB am 1.1.2002 in Kraft getreten. Die besonderen Überleitungsbestimmungen des Art. 229 §§ 5 f. EGBGB sind nicht einschlägig. Auf den Sachverhalt sind deshalb uneingeschränkt die Vorschriften des neuen Rechts zur Anwendung zu bringen.

 II.    Anspruch des S gegen A auf Übernahme der Nacherfüllungs-Aufwendungen aus §§ 437 Nr. 1, 439 Abs. 1 und 2 BGB
Die von S geltend gemachten Kosten sind (zumindest mittelbar) von den Bemühungen um eine Reparatur des Notebooks veranlasst worden. A könnte deshalb gemäss § 439 Abs. 2 i.V.m. mit §§ 437 Nr. 1, 439 Abs. 1 verpflichtet sein, dem S Ersatz für seine Aufwendungen zu leisten.

1.     Anspruch des S auf Nacherfüllung

Gemäß §§ 437 Nr. 1, 439 Abs. 1 BGB hat der Käufer bei Mangelhaftigkeit der Kaufsache einen Anspruch auf Nacherfüllung, wobei der Verkäufer die für die Nacherfüllung erforderlichen Aufwendungen zu tragen hat (§ 439 Abs. 2 BGB).

Der Nacherfüllungsanspruch setzt neben dem Abschluss eines wirksamen Kaufvertrages, an dem nach den Angaben des Sachverhalts nicht zu zweifeln ist, lediglich die Lieferung einer bei Gefahrenübergang mangelhaften Sache voraus. Das von S erworbene Notebook ist offensichtlich mit einem Sachmangel i.S.v. § 434 Abs. 1 BGB behaftet gewesen und zwar unabhängig davon, ob die aufgetretene völlig Funktionsunfähigkeit des Geräts konkret auf einen Hardware-Defekt oder auf fehlerhaft installierte Software zurückzuführen war. Da das Notebook von A mit vorinstallierter Software verkauft worden ist, würde auch die fehlerhafte Installation der Software eine Abweichung von der vereinbarten Beschaffenheit i.S.v. § 434 Abs. 1 Satz 1 BGB darstellen. Allerdings muss der Sachmangel bereits bei Gefahrübergang vorhanden gewesen sein; der Defekt darf also nicht von einer unsachgemäßen Benutzung des Geräts durch den S herrühren. Da ein Verbrauchsgüterkauf vorliegt – vgl. § 474 Abs. 1 BGB: A ist Unternehmer (§ 14 Abs. 1 BGB); S Verbraucher (§ 13 BGB) und das Notebook eine bewegliche Sache – und der Sachmangel bereits nach wenigen Wochen aufgetreten ist, kommt S in den Genuss der Beweislastumkehr nach § 476: A müsste beweisen, dass das Notebook bei Gefahrübergang mangelfrei gewesen ist.

S hat folglich gegen A einen Anspruch auf Nacherfüllung, wobei er nach § 439 Abs. 1 BGB berechtigt ist, zwischen der Beseitigung des Mangels (Nachbesserung) und der Lieferung einer neuen Sache (Ersatzlieferung) auszuwählen. Er begehrt die Reparatur des Notebooks, entscheidet sich also für die Nachbesserungs-Variante. A steht als Verkäufer zwar nach § 439 Abs. 3 BGB die Befugnis zu, die vom Käufer ausgewählte Variante der Nacherfüllung zu verweigern, wenn ihn diese mit „unverhältnismäßigen Kosten“ belasten würde, doch macht A von dieser Einrede keinen Gebrauch. S hat demnach gegen A einen Anspruch auf Reparatur des Notebooks.

2.     Zur Einbeziehung des Hersteller- Kundendienstes

Als S am 11.3. seinen Anspruch auf Nachbesserung geltend macht, wird er von A an einen vom Hersteller organisierten Kundendienst weiterverwiesen. Der Aufbau derartiger Systeme für die Reparatur von Verbrauchsgütern dürfte unter dem neuen Kaufrecht sowohl im Interesse der Hersteller, als auch in dem des Einzelhandels liegen: Die Hersteller erhalten hierdurch die Möglichkeit, auf die Höhe der Nacherfüllungs-Aufwendungen, die sie wegen der besonderen Rückgriffsregelungen der §§ 478 f. BGB letztlich ohnehin tragen müssen, Einfluss zu nehmen; außerdem könnte der Hersteller-Kundendienst als „gleichwertiger Ausgleich“ i.S.v. § 478 Abs. 4 BGB angesehen werden, weshalb es dem Hersteller möglich wäre, gegenüber seinen Abnehmern die Geltung der §§ 478 f. BGB abzudingen. Für den Einzelhandel ist ein funktionierender Hersteller-Kundendienst schon deshalb von Vorteil, weil ihn dieser regelmäßig von der Last befreit, bei der Mangelhaftigkeit verkaufter Sachen selbst tätig werden zu müssen.

Noch völlig ungeklärt ist allerdings die Frage, ob A von Rechts wegen berechtigt ist, S an den Hersteller-Kundendienst weiter zu verweisen, ob S nicht darauf bestehen könnte, dass A die unmittelbare Abwicklung der Nacherfüllung übernimmt. Zwar ist der Verkäufer zweifellos berechtigt (u.U. sogar verpflichtet) sachkundige Dritte mit der Nachbesserung zu beauftragen, doch erlaubt dies nicht unbedingt den weiteren Schluss, der Verkäufer könne sich als Schuld­ner des (Nach-)Erfüllungsanspruch gänzlich „zurückziehen“. In der Sache läuft ein solches Vorgehen nämlich letztlich darauf hinaus, dem gesamten mit der Nacherfüllung verbundenen Aufwand auf den Käufer abzuwälzen (vgl. nur den insoweit durchaus Realitäts-nahen Sach­verhalt). Es spricht daher einiges dafür, dass ein Käufer nur dann verpflichtet sein sollte, sich unmittelbar an den Kundendienst des Herstellers zu wenden, wenn sich hierdurch für ihn der mit der Geltendmachung seiner Mängelhaftungs-Rechte verbundene Aufwand nicht oder nur unwesentlich erhöht, so dass es dem Käufer letztlich gleichgültig sein kann, an wen er sich wendet. (Beispielsweise braucht sich der Käufer ganz gewiss nicht an einen Service mit einer 0190er Nummer verweisen lassen und dies unabhängig von der Frage, ob der Verkäufer die hiermit verbundenen Kosten später zu ersetzen hätte – hierzu sogleich unter 3.).

Würdigt man den Sachverhalt unter diesen Gesichtspunkten und berücksichtigt dabei zudem, dass dem Verkäufer (selbstverständlich) das Verhalten der von ihm einbezogenen „Nacherfüllungs-Helfer“ zuzurechnen ist (§ 278 BGB), so lässt sich feststellen, dass A seiner Verpflichtung zur Nachbesserung des Notebook nicht bzw. zumindest nicht in der gebotenen Weise nachgekommen ist. A hat die Reparatur des Geräts zwar nicht ausdrücklich verweigert (jedenfalls wohl nicht „ernsthaft und endgültig“ i.S.v. § 281 Abs. 2 und § 323 Abs. 2), doch stellt das Verhalten des A insgesamt eine – ebenfalls recht schwerwiegende – Verletzung der Nacherfüllungspflicht dar.

3.     Ersatz der Telefonkosten

Da S einen Anspruch auf Reparatur des Notebooks hat, ist A gemäss § 439 Abs. 2 BGB ver­pflichtet, die hierfür erforderlichen Aufwendungen zu tragen. Allerdings werden von § 439 Abs. 2 BGB lediglich „Transport-, Wege-, Arbeit- und Materialkosten“ explizit erwähnt (die Regelung ist insoweit wortgleich mit § 476a Satz 1 BGB a.F., § 11 Nr. 10 c) AGBG; vgl. auch Art. 3 Abs. 4 der Verbrauchsgüterkauf-Richtlinie). Der Zusatz „insbesondere“ macht jedoch deutlich, dass diese Aufzählung nicht abschließend sein soll, so dass Telefonkosten – zumin­dest dann, wenn sie eine gewisse Bagatell-Schwelle überschreiten und zudem in ihrer Höhe vom Verkäufer wesentlich veranlasst worden sind – ebenfalls vom Verkäufer zu tragen sind.

Nicht von Belang ist, dass die Kosten für die Telefonate nicht zur erfolgreichen Behebung des Mangels beigetragen haben, rückblickend mithin nicht „erforderlich“ gewesen sind, denn es handelt sich insoweit um einen (zusätzlichen) Nacherfüllungsaufwand, der letztlich durch A und nicht durch den S veranlasst worden ist. Ohnehin setzt die Vorschrift des § 439 Abs. 2 nicht voraus, dass ein Nacherfüllungsversuch erfolgreich gewesen ist. Sinn der Regelung ist es, dafür Sorge zu sagen, dass die Herstellung des vertragsgemäßen Zustandes für den Käufer „unentgeltlich“, also ohne zusätzliche Kosten, vorgenommen wird (vgl. auch Art. 3 Abs. 2 und 4 der Verbrauchsgüterkauf-Richtlinie 1999/44/EG). Bei diesem Regelungsansatz wäre es absolut sinnwidrig, müsste der Käufer die Kosten eines gescheiterten Nachbesserungsversu­ches, also der Nichtherstellung des vertragsmäßigen Zustandes, tragen. (Etwas anderes könnte eventuell dann gelten, wenn der Käufer das Scheitern des Nachbesserungsversuches zu verantworten hat.).

Unerheblich ist schließlich, dass die Nacherfüllungs-Aufwendungen (Telefonkosten) zunächst bei S angefallen sind. Nach § 439 Abs. 2 hat der Verkäufer nämlich nicht nur die eigenen Kosten zu tragen, sondern zudem dem Käufer jene Aufwendungen zu ersetzen, die diesem im Zusammenhang mit der Nacherfüllung entstanden sind (vgl. Palandt/Putzo, Ergänzungsband zur 61. Aufl. § 439 Rdn. 13). A hat den S „zum Zweck der Nacherfüllung“ auf den Telefon-Service verwiesen; er hat daher die hierbei angefallenen Kosten zu tragen.

S hat folglich gegen A einen Anspruch auf Ersatz der Telefonkosten in Höhe von 20 € aus §§ 437 Nr. 1, 439 Abs. 1 und 2 BGB.

4.     Ersatz der Reparaturkosten

Bei den 75 €, die dem S durch die Beauftragung des C entstanden sind, handelt es sich zweifelsfrei um einen Aufwand, der zum Zweck der Nacherfüllung, also für die Repa­ratur des Notebooks erforderlich gewesen ist. Dennoch berechtigt die Regelung des § 439 Abs. 1 und 2 BGB S nicht, von A den Ersatz dieser Kosten verlangen zu können. In der Sache liefe eine solche Berechtigung nämlich auf die Verankerung eines sog. Selbstvornahmerecht hinaus, wie es beim Werkvertrag dem Besteller gemäss § 637 BGB zusteht. Da der Gesetz­geber die Schaffung eines vergleichbaren Käufer-Rechts ausdrücklich abgelehnt hat (vgl. die Erläuterungen der Gesetzesbegründung, BT-Drs. 14/6040, S. 95), besteht weder Raum für eine analoge Anwendung von § 637 BGB, noch für eine „Lösung über § 439 Abs. 2 BGB“ (so auch AnwaltKomm-SchuldR/Büdenbender, § 439 Rdn. 14).

III.   Anspruch des S auf Ersatz der Reparaturkosten im Rahmen des sog. kleinen Schadensersatzes 

Die Reparaturkosten könnten einen – von A gemäss den §§ 437 Nr. 3, 440, 280, 281 BGB zu ersetzenden – Schaden darstellen. Die Wirksamkeit des Kaufvertrages und das Vorhandensein eines Sachmangels ist bereits festgestellt worden (vgl. unter II.1). Fraglich ist jedoch, ob die weiteren Voraussetzungen für einen solchen Anspruch des S vorliegen.

1.     Übergang zu den weiteren Mängel-Rechten erfordert erfolglose Nachfristsetzung

Nach dem neuen Kaufrecht besteht bei den Mängelhaftungs-Rechten des Käufers eine Rangfolge: Leistet der Verkäufer mangelhaft, steht dem Käufer zunächst nur ein Anspruch auf Nacherfüllung zu; zu den anderen Rechten (Rücktritt, Minderung, Schadens- bzw. Aufwendungsersatz) gelang der Käufer grundsätzlich erst, wenn er dem Verkäufer zuvor erfolglos eine angemessene Frist zur Nacherfüllung gesetzt hat (§ 323 Abs. 1, § 441 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 323 Abs. 1, § 281 Abs. 1, § 284 i.V.m. § 281 Abs. 1). Hierdurch erhält der Verkäufer ein sog. „Recht auf zweite Andienung“. S hat dem A aber nie eine Frist zur Nacherfüllung gesetzt.

2.     Übergang zu den nachrangigen Rechten ohne Nachfristsetzung

 Allerdings ist ein Käufer, der an sich nachrangige Mängelhaftungs-Rechte geltend machen will, nicht ausnahmslos verpflichtet, dem Verkäufer zuvor eine Frist zur Nacherfüllung einzuräumen. Für den Schadensersatzanspruch sind die entsprechenden Regelungen in den § 281 Abs. 2, 440 BGB enthalten. Der Sachverhalt liefert diverse Anhaltspunkte, mit denen sich das Vorliegen mehrerer der von diesen Normen ausdrücklich erwähnten Alternativen begründen ließe. So könnte argumentiert werden, als S am 3.4. erneut bei A vorstellig geworden sei, habe der zuständige Mitarbeiter die Nacherfüllung (durch A) ernsthaft und endgültig verweigert (§ 281 Abs. 2 BGB). Ferner ließe sich vertreten, mit den erfolglosen Einschicken des Notebooks und den ebenso erfolglosen Telefon-Bemühungen des S sei die Nachbesserung fehlgeschlagen; ebenso vertretbar gewiss ist auch die Ansicht, dem S könne eine Nacherfüllung nicht mehr zugemutet werden (§ 440 Abs. 1 BGB). S könnte demnach zu seinen weiteren Mängelhaftungs-Rechten gelangen, ohne den A zuvor noch eine Nachfrist setzen zu müssen.

3.        Vertretenmüssen

Das Recht des Käufers, Schadensersatz wegen Mangelhaftigkeit der Kaufsache fordern zu können, setzt jedoch gemäss § 280 Abs. 1 BGB voraus, dass der Verkäufer die Pflichtverletzung, also die Lieferung einer mangelhaften Sache zu vertreten hat. Es ist jedoch davon auszugehen, dass A die Lieferung des Mängel-behafteten Notebook nicht zugerechnet werden kann. Von den großen Discounthandelsketten werden nämlich üblicherweise lediglich die von den Lieferanten bezogenen Waren originalverpackt an die Käufer „weitergereicht“. Nach – ausdrücklich bekundeter – Ansicht des Gesetzgebers ist der gewerbliche Verkäufer einer Sache regelmäßig nicht zu deren vorherigen Untersuchung verpflichtet (anders eventuell nur, wenn es sich um einen besonders sachkundigen Fachhändler handle); explizit betont wird in der Gesetzesbegründung zudem nochmals, dass der Hersteller einer Kaufsache nicht als Erfüllungsgehilfe des Verkäufers anzusehen ist, weshalb das Verschulden des Herstellers dem Verkäufer nicht über § 278 BGB zugerechnet werden könne (BT-Drs. 14/6040, S. 210).

Da A hiernach die Mangelhaftigkeit des Notebook nicht zu vertreten hat, was er unter Hinweis auf die Gesetzesbegründung auch problemlos nachweisen könnte (ist wegen § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB wichtig), scheidet ein auf die §§ 437 Nr. 3, 440, 280, 281 BGB gestützter Schadensersatzanspruch des S aus. (Anders wäre zu entscheiden, wenn A die Notebooks vom Hersteller ohne Software erworben und die Software selbst installiert bzw. hiermit einen Dritten beauftragt hätte und die Funktionsunfähigkeit des Geräts auf eine fehlerhaft installierte Software zurückzuführen wäre.)

IV.   Anspruch des S auf Ersatz der Reparaturkosten wegen Verletzung der Pflicht zur Nacherfüllung

A könnte jedoch dem S gemäss den §§ 280, 286 i.V.m. § 439 Abs. 1 BGB zum Ersatz der Reparaturkosten verpflichtet sein, weil sich A schuldhaft seiner Verpflichtung zur Nacherfüllung entzogen hat (zur Würdigung des Verhaltens des A vgl. unter II.2.).

Die rechtzeitige Befriedigung des Nacherfüllungsanspruchs steht keinesfalls im Belieben des Verkäufers, denn bei diesem Käuferrecht handelt es sich grundsätzlich um eine „vollwertige“ (also auch einklagbare) Berechtigung. Der Verkäufer kann deshalb auch mit der Erfüllung des Nacherfüllungsanspruch in Verzug kommen, woraus sich gemäss den §§ 280, 286 BGB ein Schadensersatzanspruch des Käufers ergeben könnte.

Fällig wird der Nacherfüllungsanspruch bereits dann, wenn der Käufer den Verkäufer zur Mängelbeseitigung auffordert; insbesondere ist es für das Fälligwerden des Anspruch nicht erforderlich, dass der Käufer dem Verkäufer eine Frist zur Nacherfüllung setzt (vgl. BT.-Drs. 14/6040, S. 230). Der Nacherfüllungsanspruch des S ist mithin am 11.3. fällig geworden.

Für den Eintritt des Verzugs bedarf es darüber hinaus noch einer Mahnung (§ 286 Abs. 1 BGB). Im rechtswissenschaftlichen Schrifttum ist die Ansicht vertreten worden, bereits in der Rüge der Mangelhaftigkeit durch den Käufer liege eine Mahnung, woraus sich der Verzug des Verkäufers ergebe, mit der weiteren Folge, dass dieser für die Verzugsschäden (sofort) einzu­stehen habe (so wohl Büdenbender in: Dauner-Lieb u.a., Lehrbuch zum neuen Schuldrecht, S. 245 f., Rdn. 62, 66). Diese Ansicht ist jedoch (zumindest insoweit) abzulehnen, wie sie die sofortige Entstehung einer Schadensersatzverpflichtung behauptet: Der Käufer hat näm­lich dem Verkäufer für die Nachbesserung eine angemessene Frist einzu­räumen (vgl. unter III.1). Diese Regelung würde in der Sache unterlaufen, falls der Verkäufer schon in dieser Zeit­spanne für den Betriebsausfall und andere Verzugs­schäden einzustehen hätte. Selbst wenn es also stimmt, dass in der Mängelrüge bereits eine Mahnung liegt (Vorteil einer solchen Kon­struktion wäre, dass der Käufer später nicht noch einmal tätig werden muss, um den Verkäufer in Verzug zu setzen) so stünde der Verkäufer während der Nacherfüllungsfrist noch „unter dem Schutz“ der § 280 Abs. 1 Satz 2, § 286 Abs. 4 BGB, weil er für die fehlende Nutzungsmög­lichkeit der Kaufsache (noch) nicht verantwortlich ist. Im konkreten Fall kann all dies aber dahinstehen, da A (spätestens) mit der Erfüllung seiner Verpflichtung zur Nach­besserung in Verzug gerät, als S am 3.4. erneut in der Filiale erscheint und eine Reparatur des Notebooks verlangt.

Die Ersatzpflichtigkeit des A setzt ferner voraus, dass A die Verzögerung der Nacherfüllung zu vertreten hat (§ 280 Abs. 1 Satz 2, § 286 Abs. 4 BGB). Hierzu ist jedoch zu beachten, dass nicht S beweispflichtig, sondern A sein fehlendes Verschulden nachzuweisen hat. A müsste deshalb belegen, dass die Verzögerung der Notebook-Reparatur weder von ihm noch von sei­nen „Helfern“ (§ 278) zu verantworten ist. In der Sache müsste A wohl zumindest nachweisen, dass er ein System organisiert hat, dass eine zügige Befriedigung der Nacherfüllungsansprüche seiner Kunden garantiert und zwar ohne diese Kunden mit einen höheren Abwicklungs-Aufwand zu belasten (vgl. unter II.2). Nach den Angaben des Sachverhalts ist nicht anzuneh­men, dass A ein solcher Nachweis gelingen würde.

Allerdings ist unter dem bis zum 31.12.2001 geltenden Recht umstritten gewesen, ob der Gläubiger auf der Grundlage von § 286 BGB a.F. im Rahmen des Verzugsschadensersatzes auch die Kosten für eine Ersatzvornahme liquidieren kann (bejahend BGBZ 87, 104, 109 ff.; Jauernig/Vollkommer, BGB, 9. Aufl. 1999, § 286 Rdn. 7 m.w.N.). Da aber unter der Geltung des neuen Rechts ein Verkäufer dem Käufer ganz gewiss auch für die Verletzung seiner Nacherfüllungspflicht gemäß den §§ 280, 286 BGB haftet (vgl. oben), sollte der Käufer inso­weit nicht nur typische Verzugsschäden wie einen Betriebs- oder Nutzungsausfallschaden liquidieren können, sondern ebenso die „Selbstvornahme-Aufwendungen“ (die regelmäßig ja sogar den Nutzungsausfallschaden mindern helfen). Allein mit den Vorbehalten des Gesetzgebers gegen eine ausdrücklich Regelung der Selbstvor­nahmebefugnis lässt sich ein Ausschluss der Kostenposition „Selbstvornahme-Aufwendungen“ aus dem Schadensersatz­anspruch des Käufers gemäss §§ 280, 286 BGB jedenfalls nicht rechtfertigen.

Folglich hat S gegen A einen Anspruch auf Ersatz der Reparaturkosten in Höhe von 75 € aus den §§ 280, 286 i.V.m. § 439 Abs. 1 BGB.

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